Auch nach 160 Jahren „up to date“ ! von Manfred Angerer


Die Kolpingfamilie Berchtesgaden wurde 1860 gegründet.

Gar manches Mitglied der Kolpingfamilie Berchtesgaden wird sich beim Anblick des Jubiläumsplakates, gestaltet von der Künstlerin Renate Schubert aus der Schönau, ins Jahr 2010 zurück versetzt fühlen, als das 150-jährige Gründungsfest gefeiert wurde. Inzwischen ist ein weiteres Jahrzehnt ins Land gegangen und man kann noch in diesem Jahr auf 160 Jahre Vereinsgeschichte zurück schauen.

Das Jubiläumsplakat zum 150-jährigen Bestehen im Jahre 2010. Seither ist ein weiteres Jahrzehnt hinzu gekommen

Den wenigsten wird dabei bewusst sein, dass die Gründung des Vereins im Jahre 1860 auf Initiative und gute Verbindungen mit unseren Halleiner Nachbarn zurückgeht. Schon 1852 hatte der „Gesellenvater“ Adolph Kolping aus Köln in Salzburg einen Gesellenverein gegründet. Die Idee, das „Vaterhaus in der Fremde“ für wandernde Handwerkergesellen, breitete sich schnell über die Stadtgrenze aus und im Jahre 1858 taten es die Halleiner ihm gleich. Seit dieser Zeit steht am Oberen Stadtplatz das altehrwürdige Kolpinghaus.

Vom altehrwürdigen Kolpinghaus von Hallein ging 1860 die Gründung unseres Berchtesgadener Vereins aus.

Dem dortigen Verein schlossen sich zunächst sogar Berchtesgadener Handwerker an – die soziale Idee kannte schon damals keine Grenzen! Der Halleiner Dekan Anton Reisacher ermutigte die Berchtesgadener, auch ihrerseits einen eigenen Ortsverein zu gründen. So kam die Idee Adolph Kolpings über den Dürrnberg auch nach Berchtesgaden. – „Verlief das nicht etwa 130 Jahre zuvor auch bei den protestantischen Glaubensbrüdern so?“, könnte man heute fragen.

Am 8. September (Mariä Geburt) des Jahres 1860 kamen im Gasthof „Zum Nonntal“ immerhin beachtliche 45 Gründungsmitglieder zusammen und hoben den „Katholischen Gesellenverein Berchtesgaden“ aus der Taufe. Unter dem Protektorat des kgl. Landrichters Baron v. Barth fand ohne großen Aufhebens die Vereinsgründung statt. Einige der Namen der Gründungsmitglieder sind auch heute noch präsent: Graßl, Gutmann, Hillebrand, Kerschbaumer, Kirchmayr, Kurz, Walch, Wenig – allesamt seinerzeit angesehene Bürger von Berchtesgaden. Die Aufnahme des Vereins und das Wohlwollen seitens der Bevölkerung war groß und sollte bis in die Gegenwart anhalten. Das eigentliche Gründungsfest beging man am Hl.-Drei-Königstag des Jahres 1861. Das Vereinslokal befand sich nachfolgend im Gasthof „Zum Watzmann“.

Die Fahne des Katholischen Gesellenvereins Berchtesgaden aus dem Jahre 1862

Zum Osterfest 1862 hatte sich der Verein bereits eine Fahne anfertigen lassen, die noch heute sorgsam aufbewahrt und in Ehren gehalten wird. Sie zeigt die beiden eng ineinander geschlungenen Wappen von Köln und Berchtesgaden, umrahmt von den Worten „Fleiß und Arbeit“, „Glaube und Hoffnung“, „Frohsinn und Scherz“, „Eintracht und Liebe“. Die Fahnenweihe im Jahre 1862 war das erste große Fest des Gesellenvereins Berchtesgaden, an dem sich auch die Vereine von Hallein, Salzburg, Laufen, Traunstein und Tittmoning beteiligten.

Obwohl zur Geschichte des Vereins in eineinhalb Jahrhunderten viel zu berichten wäre, sei nun ein großer zeitlicher Sprung zum 150-jährigen Jubiläum im Jahre 2010 getan, nicht ohne in großer Dankbarkeit des langjährigen und prägenden Präses Dr. Franz Mandl zu gedenken, der 43 Jahre der Kolpingfamilie Berchtesgaden, wie der Verein seit 1935 heißt, als geistlicher Begleiter zur Seite stand. Am 4. August nächsten Jahres jährt sich sein Todestag zum 30. Male. Sein Wahlspruch lautete nach einem Zitat von Adolph Kolping: „Willst Du Menschen gewinnen, so musst Du Dein Herz zum Pfande setzen.“

Wenn in zahlreichen anderen Kolpingfamilien heute über mangelnden Nachwuchs geklagt wird, so kann sich der hiesige Verein v. a. in den letzten 10 Jahren über junge, neu hinzu gekommene Mitglieder freuen. Mit immer wieder neuen Ideen und Aktivitäten (z. B. Gipfelkreuzeinweihung 1960, Kinderspielplatzbau an der Bacheischule im Jahre 1974, jährliche Altkleidersammlung seit 1975(!) mit Spende der Erlöse für soziale Zwecke und neuerdings das geplante Projekt „Second-Hand-Markt“ und vieles mehr) ließen sich gerade junge Menschen -seit Ende der 60-er Jahre auch Frauen und Mädchen- ja sogar ganze Familien vom Leitgedanken Adolph Kolpings aus dem Jahre 1851 begeistern. Er lautet: „Die Rettung des Menschengeschlechtes fängt bei der Familie an. Bei ihr fängt die Heilung an und muss bei ihr anfangen, weil die Familie die Wiege der Menschheit und die erste Erzieherin der Menschheit ist.“ Nicht umsonst haben sich die Kolpingmitglieder weltweit in Fortführung des Gedankens zu Familien zusammengeschlossen.

So kann die Kolpingfamilie Berchtesgaden zuversichtlich und mit Gottes Segen in das siebzehnte Jahrzehnt ihres Bestehens starten. Die Gründeridee ist auch heute noch zeitgemäß. Wir haben zwar kein eigenes Kolpinghaus, dafür aber seit dem Vorjahr neue, schöne Vereinsräume im Pfarrheim!

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